Die Haseldörfer nach der Wiedervereinigung Deutschlands

Nach den sich überstürzenden Ereignissen der politischen "Wende", der Währungsreform und des Anschlusses der DDR an die BRD 1989/90  änderte sich auch hier das Leben grundsätzlich. Die LPG Kirchhasel wurde aufgelöst, die Bewirtschaftung der hiesigen Felder übernahm die Agrargenossenschaft Catharinau, aber auch viele Industriebetriebe, in die die Kirchhaseler auspendelten, überlebten die Rosskur der Währungsumstellung nicht, so dass die meisten Einwohner  sich andere Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten suchen und neue Berufe erlernen mussten. Der neue Gemeinderat beschloss 1990 die Erschließung eines Gewerbegebietes, das zwischen Kirchhasel und Rudolstadt auf einstigen Ackerflächen errichtet wurde (Bild 1/2, unten). Schon bald gehörte Kirchhasel zu den Orten mit der größten Verschuldung aber auch mit den größten Steuereinnahmen pro Einwohner. Bei der Kommunalreform verließ die Gemeinde die Verwaltungsgemeinschaft Uhlstädt und gründete 1993 zusammen mit den Gemeinden Etzelbach, Kolkwitz und Catharinau eine Einheitsgemeinde, der sich später die Gemeinden Mötzelbach und Neusitz anschlossen. Der neue Gemeindeverwaltungssitz wurde im ehemaligen LPG-Bürogebäude eingerichtet, in das auch der Kindergarten einzog (siehe Bild, oben). Die neue Einheitsgemeinde entwickelte sich zu einer wirtschaftlich starken Kommune, die es sich leisten konnte, in den Folgejahren in fast allen ihren Ortsteilen mit Hilfe staatlicher Fördergelder die Ortserneuerung durchzuführen (Bild 3, unten). Im Ort Kirchhasel  wurde außer dem Gewerbegebiet auch ein Wohngebiet erschlossen, das gegenwärtig fast vollständig bebaut ist (Bild 4, unten). In keiner Epoche sind in Kirchhasel so viele Wohnhäuser entstanden wie in der kurzen Zeit „nach der Wende“. Die Einheitsgemeinde Kirchhasel gehörte damit zu den wenigen Kommunen, die sich gegen den allgemeinen Trend einwohnermäßig vergrößerten. Trotzdem gelang es nicht, die für eine Selbstverwaltung gesetzlich vorgeschriebene Mindesteinwohnerzahl von 3000 zu erreichen. 2001 forderte die Kommunalaufsicht, dass die schon 1994 im Rahmen der Gebietsreform vorbestimmte Variante, nämlich dass Rudolstadt als "erfüllende Gemeinde" die Gemeinde Kirchhasel verwalten soll, realisiert wird. Daraufhin traten Mitglieder des Gemeinderates Kirchhasel in Verhandlung mit der Verwaltungsgemeinschaft Uhlstädt bezüglich eines Zusammenschlusses. Nachdem alle beteiligten Gemeinderäte und eine deutliche Mehrheit der Einwohner dafür gestimmt hatten, kam es am 1. Juli 2002 per Gesetz zur Gründung der Großgemeinde Uhlstädt-Kirchhasel. Nach der Eingemeindung von Heilingen und Großkochberg im Jahre 2006 besteht die Großgemeinde aus 32 Ortsteilen (ehemals selbständigen Dörfern) mit insgesamt 6637 Einwohnern. Inzwischen hat sich die demografische Entwicklung auch in Kirchhasel umgekehrt. Aktuell hat der Ort noch 587 Einwohner (2010). Ebenso schrumpfte die Einwohnerzahl der Gesamtgemeinde Uhlstädt-Kirchhasel auf 5952 (2014). Somit erfüllt die mit 122 km² flächenmäßig größte Gemeinde des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt nicht die Vorgaben der anstehenden Kommunal- und Gebietsreform von mindestens 6000 Einwohner für eine selbständige Gemeinde und müsste weiter fusionieren. Dagegen wehrt sich der Gemeinderat und der Bürgermeister.


Vergleiche

Jürgen Weyer: Geschichte der Haseldörfer (2005 / siehe Veröffentlichungen/Bücher),

Jürgen Weyer: Karten und Luftbilder erzählen Kirchhaseler Geschichte (2018 / siehe Veröffentlichungen/Bücher),


Bild 1: Erschließung Gewerbegebiet auf grünem Feld (1992)          Bild 2: Gewerbegebiet  heute (2010)

Bild 3: Bei der Dorferneuerung geschaffener Spielplatz (2008)        Bild 4: Neues Wohngebiet "Unter dem Bache" (2015)